Sportwettumsätze brechen ein
Veröffentlicht von Jens Pfeifer am Wednesday, 8. April, 2020
Laut Aussagen des DSWV (Deutscher Sportwettenverband) sind die deutschen Wettumsätze infolge der Corona-Krise um 90% eingebrochen. Die Verschiebung der Fußball-EM und Olympischen Spiele sorgen für millionenschwere Verlustwarnungen. Kann der eigentlich boomende Sektor den Crashtest überstehen?
Mit dem Slogan „Ohne Sport keine Sportwette“ hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) noch Anfang März für einen Anteil an der Wettsteuer geworben. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie bewahrheitet sich das Motto nun auf drastische Weise. Die Aussetzung aller Sportveranstaltungen sorgt praktisch für einen Totalausfall. Der DSWV spricht von den schwersten Umsatzeinbrüchen seiner Geschichte und einer nie dagewesenen Herausforderung.
„Wir sind ganz erheblich in Sorge, das Geschäft ist quasi auf null runter“, erklärte DSWV-Präsident Mathias Dahms gegenüber der DPA (Deutsche Presseagentur). Während 2019 noch ein Rekordumsatz von 9,3 Mrd. Euro erzielt wurde, befindet sich die eigentlich als krisenresistent geltende Branche jetzt im Überlebenskampf. Die Wettbüros dürfen nicht mehr öffnen und sind laut Dahms gefährdet. Es gebe schlicht keine Einnahmen.
Im Gegensatz zu großen internationalen Anbietern verfügen viele kleinere Wettbüros nicht über die nötigen finanziellen Polster, um die Verluste auszugleichen. Damit seien sie der Krise schutzlos ausgeliefert. Doch auch den florierenden Onlinehandel sieht Dahms kritisch. Die laufenden Kosten seien ein enormes Risiko und ließen sich nicht problemlos senken. Die IT müsse konstant unterhalten werden, so Dahms.
Crashtest für Sponsoringdeals
Da alle US-amerikanischen und europäischen Spitzensport-Events abgesagt wurden, stellt die Krise auch einen Crashtest für Sponsoringverträge da. Besonders schwerwiegend wirken sich die Verschiebungen der Fußball-EM und der Olympischen Spiele aus. Hier fungieren internationale Buchmacher als wichtige Partner. Zuletzt gaben die Marktriesen Flutter (Paddy Power) und GVC (Ladbrokes) millionenschwere Verlustwarnungen bekannt.
Doch auch die Aussetzung der einzelnen Sportligen drückt die Zahlen weiter nach unten. Ein Beispiel dafür ist die italienische Serie A. Die Verzweiflung ist so groß, dass sich die Liga jüngst per Anschreiben an die Regierung gewandt hat, um eine Aussetzung des Wett- und Sponsoringverbots nach der Krise zu erwirken. Auf diese Weise könnten Verluste von über 700 Mio. Euro ausgeglichen werden.
In den deutschen Ligen ist die Problematik umgekehrt. Hier haben fast alle Vereine einen festen Wettpartner. Diese haben ihre Verpflichtungen gegenüber der laufenden Saison oft schon erfüllt. Hieraus könnten Diskussionen über Ausgleichszahlungen entstehen, die sich noch bis weit über die Krise hinaus ziehen. Zuletzt kündigte die Bundesliga an, ab Mai zumindest wieder Geisterspiele stattfinden zu lassen.
Sportwettkunden unter Druck
Nicht nur die Anbieter, sondern auch Berufsspieler sind betroffen. So zum Beispiel der Brite Ersen Guven, der seinen Lebensunterhalt mit Sportwetten bestreitet. Laut Aussagen der SZ hat Guven mit Wettbörsen für Live-Wetten bisher sechs bis sieben Millionen Pfund im Monat umgesetzt. Nun seien die Umsätze um 80 Prozent gesunken.
Guven selbst spricht von „Wahnsinn“. Zurzeit setze er auf die weißrussische Liga, die bis dato noch läuft. In den Spielen stecke nun ein Marktwert von Millionen. Dies verdeutliche die „Verzweiflung der Wetter“ – man suche schlicht nach etwas, auf das man setzen kann. Dennoch rät Guven auch in der Krise davon ab, auf Freundschaftsspiele zu setzen. Hier gebe nach wie vor „zu viele absurde Resultate“.
Es ist zu erwarten, dass wenigstens die weißrussische Liga noch weiter läuft. Bisher lehnt Präsident Alexander Lukaschenko einen Shutdown ab. „Lieber aufrecht sterben, als auf Knien leben“, so die bisherige Reaktion des Staatschefs. Es scheint, als würde auch der Sportwettbranche und dem DSWV vorerst nichts anderes übrig bleiben.