Spaniens Werbevorschriften in der Kritik
Veröffentlicht von Jens Pfeifer am Thursday, 12. November, 2020
Die EGBA (European Gaming and Betting Association), das größte europäische Sprachorgan der Glücksspielindustrie, hat heftige Kritik an den neuen spanischen Werbevorschriften geübt. Die neue Gesetzgebung würde die staatlichen Unternehmen ONCE und SELAE bevorzugen, weshalb der Entwurf gegen das EU-Recht verstoße. Die spanischen Branchenverbände Cejuego und Jdigital vertreten diese Ansicht ebenfalls.
Das neue Regelwerk sieht unter anderem massive Werbebeschränkungen im TV und Radio vor: Dort sollen private Glücksspielanbieter nur noch wischen 1 und 5 Uhr morgens werben dürfen. Zudem wird ein komplettes Sponsoringverbot im Fußball vorgesehen. Erst vor wenigen Tagen forderte das nationale Verbraucherministerium die La Liga-Teams dazu auf, alle bestehenden Glücksspieldeals zum Ende der laufenden Saison zu canceln.
Wie die EGBA feststellt, sollen die Regelungen allerdings nicht für die benannten staatlichen Lotterieunternehmen gelten. Private Glücksspielbetreiber würden demnach diskriminiert, während die staatlichen Anbieter Vorteile erhalten. Dies stehe im Konflikt mit dem EU-Recht.
Die spanische Regierung wird daher dazu aufgefordert, die Schritte auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Laut EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer seien die staatlichen Anbieter sowieso bereits Marktführer in Spanien. Es gebe daher keine Notwendigkeit eine derartige Gesetzgebung einzuführen, außerdem würden stichhalte Beweise fehlen, die die Stringenz der Novelle unterstützen.
Zahlen, Daten, Fakten
Während die genauen Beweggründe der Regierung noch nicht offenliegen, argumentiert die EGBA mit Zahlen des Werbeverbands AEA. Hiernach liegt die Marktführerschaft tatsächlich bei ONCE und SELAE, die 65 % der Einnahmen des spanischen Glücksspielmarktes erzielen. 2019 hatte die gesamte Glücksspielindustrie Werbeausgaben in Höhe von 145,6 Mio. EUR getätigt.
Davon vielen allein 49 Mio. EUR auf ONCE, das sich somit an elfter Stelle derjenigen Unternehmen befindet, die 2019 am meisten für Werbung ausgegeben hatten. Beide Anbieter zusammen sollen ganze 34 % aller Ausgaben für Glücksspielwerbung generieren.
Spanien hat kein Spielproblem
Davon geht eine aktuelle Glücksspielstudie der Universität von Madrid aus, die die EGBA zusätzlich heranzieht, um ihre Argumentation zu festigen. Laut Studie liegt die Quote des Problemspiels in Spanien zurzeit bei nur 0,3 %, zugleich gibt 84,9 % der Bevölkerung an, regelmäßig zu spielen. In diesem Verhältnis, so die Forscher, handle es sich um eine der niedrigsten Quoten weltweit.
Die Studie belegt auch, dass die meisten Kunden 2019 bei den staatlichen Lotterien ONCE und SELAE spielten. Allein 8,5 Millionen Menschen nahmen an Rubbellos-Spielen der Marke ONCE teil. Mit einem Anteil von 9,9 % ist diese Rubrik damit das zweite Mal infolge Spitzenreiter unter den beliebtesten spanischen Glücksspielformen. Mit 50,5 % Spielern unter 35 ziehen ONCE-Rubbellose auch die jüngsten Spieler an.
Laut José Antonio Gómez Yáñez, Soziologieprofessor in Madrid, spiegle die Studie die exakte Beziehung zwischen Glücksspiel und Gesellschaft wider. Demnach spiele die große Mehrheit der Kunden verantwortungsvoll. Darüber hinaus erklärte der Forscher, dass Glücksspiel Gegenstand vieler Diskussionen sei, weshalb mehr Forschung betrieben werden müsste. Die Regierung hat bisher weder auf die Kritik der EGBA noch auf die Studie reagiert.