Neues Modell für Glücksspielwerbung
Veröffentlicht von Jens Pfeifer am Wednesday, 15. July, 2020
Kaum ein Glücksspielthema wurde in den letzten Monaten so kontrovers diskutiert wie die bundesweite TV-Werbung der in Schleswig-Holstein lizenzierten Online Casino-Anbieter. Jetzt hat das Innenministerium des Bundeslandes ein neues Selbstregulierungsmodell in Kooperation mit dem Deutschen Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) und dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ausgearbeitet.

Kritiker sehen in den bundesweiten Reklamen eine Gefährdung von Problemspielern. ©Jeshoots/Pexels
Für die 11 aktiven deutschen Lizenznehmer gilt laut DVTM ab sofort ein Maximum von 17.000 TV-Werbeminuten pro Monat. Die Höhe der Werbeminuten steht somit sowohl im Verhältnis zur Branche als auch im Verhältnis zum Länderanteil Schleswig-Holsteins, bemessen am sogenannten Königsteiner Schlüssel. Ziel des Modells ist die Gewährleistung einer verhältnismäßigen bundesweiten TV-Werbung zur Wahrung des verantwortungsbewussten Spielens.
Das Maximum an TV-Werbeminuten gilt dabei für alle lizenzierten Anbieter zusammengenommen und stellt sicher, dass das Ausmaß des Werbevolumens in Schleswig-Holstein, das bundesweite Werbevolumen sogar übertrifft. Zu den Lizenznehmern von Schleswig-Holstein gehören zum Beispiel Branchengrößen wie Wunderino, DrückGlück.
Damit die neue Vorgabe eingehalten wird, werden der DVTM und der ZAW die Werbeaktivitäten der Unternehmen künftig genau nachverfolgen. Hierfür sollen regelmäßig neutrale Mediendaten herangezogen werden, die auch an die Glücksspielbehörde von Schleswig-Holstein weitergeleitet werden. Sollte es zu Verstößen kommen, drohen den Betreibern empfindliche Sanktionen.
Auch für Kritiker, die zurzeit von einem erhöhten Werbevolumen ausgehen, sind die Daten einsehbar. Der federführende Vorstand des Projekts, Dr. Andreas Blaue, betonte, dass sich das neue Modell auf stringent-logische und neutrale Mediendaten von Nielsen Media Research stützen wird und sich einfach nachvollziehen lässt.
Angebliche Zunahme der TV-Werbung
Laut Blaue würden zurzeit große Industrieverbände wie die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) Fake-News über eine angebliche Zunahme von Online Casino-Werbung streuen. Diese würden von der Politik aufgegriffen und sich in den Köpfen der Menschen festsetzen. Dabei habe das Werbevolumen in Wirklichkeit seit 2019 abgenommen. Auch in der Corona-Krise soll sich das Volumen der TV-Reklamen nicht ausgeweitet haben.
Das neue Modell werde daher völlige Transparenz und Fairness gewährleisten. Ziel sei es, die Schäden der Branche sowie der Bürger zu vermindern. Man wolle pragmatische und verantwortungsvolle Konzepte miteinander verknüpfen, statt die Seiten gegeneinander auszuspielen, um sich eigene Vorteile zu verschaffen. Darüber hinaus soll die Leistungsfähigkeit des DVTM in dieser Angelegenheit unter Beweis gestellt werden.
Regulierung des Online Glücksspiels
Laut DVTM kann das neue Modell auch als Werbegrundlage für die ab Juli 2021 geplante Regulierung des deutschen Online Glücksspiels dienen. Der sogenannte Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) sieht die bundesweite Legalisierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker vor. Momentan wird die Novelle in Brüssel ratifiziert. Auch die einzelnen Bundesländer müssen dem Gesetzentwurf zustimmen.
Das neue Selbstregulierungsmodell könnte den Bundesländern daher bei der Entscheidungsfindung helfen. Nach monatelangen Diskussionen um die TV-Werbung der bis dato nur in Schleswig-Holstein lizenzierten Betreiber, kommt die Debatte nun einen bedeutsamen Schritt weiter. Die Liberalisierung des boomenden Marktes würde allerdings nur Sinn machen, wenn lizenzierte Anbieter auch auf seriöse Produkte aufmerksam machen dürfen.