Mortler kritisiert Schweinsteiger-Kampagne des DAW
Veröffentlicht von Jens Pfeifer am Wednesday, 31. October, 2018
Marlene Mortler (CSU), die Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland, hat die neue Fair Play-Kampagne der Deutschen Automatenwirtschaft e.V. (kurz DAW) kritisiert. Im Zentrum der bundesweiten Kampagne steht dabei ein Werbefilm mit dem Fußballer Bastian Schweinsteiger. Doch wobei geht es genau bei der Kritik und ist diese berechtigt?
Das Fazit der Bundes-Drogenbeauftragten Marlene Mortler zu dem einminutigem Werbefilm mit Bastian Schweinsteiger ist, dass „[h]übsche Bilder und Versprechungen allein […] ganz sicher nicht [genügen]“. Die Deutsche Automatenwirtschaft lehne sich mit dem 34-jährigen Ex-Weltmeister als Botschafter „weit aus dem Fenster“. Dabei wird die CSU-Politikerin wie folgt zitiert:
„Dort wo für viele das Glücksspiel beginnt, wird zu wenig hingeschaut. Wenn die deutsche Automatenwirtschaft so dick aufträgt wie dies mit der aktuellen Kampagne geschieht, dann müssen wir sie unbedingt beim Wort nehmen. Die Defizite, die beim Spieler- und Jugendschutz an vielen Orten bestehen, sind immer noch besorgniserregend.“
Zu dem Hintergrund: Der besagte Clip (den Sie weiter oben auch direkt anschauen können) mit dem Titel „Wir spielen fair“ ist dabei in schwarzweiß gehalten und feierte seine Premiere als Vorfilm des neuen Kinofilms „Wuff“ von Detlev Buck am 17. Oktober 2018 vor etwa 1.000 Zuschauern in dem Berliner Zoopalast.
Inhaltlich gezeigt werden dabei Bolzplätze in Hinterhöfen, kurze Trainingssequenzen sowie dramatische Spielszenen. Alles sind dabei mögliche Stationen aus der Karriere von Bastian Schweinsteiger, der aktuell für den US-Fußballclub Chicago Fire in der Major League Soccer spielt. In dem Video passiert der Weltstar dabei auch eine Spielhalle und kommentiert dazu:
„Das faszinierende am Spiel selbst ist ja, dass es so einfach ist – eine Hand voll Regeln, mehr braucht es nicht. Natürlich geht es immer um das Gewinnen oder Verlieren. Das Allerwichtigste ist aber, sauber zu spielen, egal wo und was du spielst. Deshalb braucht es legale Spielhallen und die erkennt man an fünf Regeln, die den Unterschied machen.“
Bei den eingeblendeten und von der Deutschen Automatenwirtschaft geforderten fünf Regeln handelt es sich dabei um:
- Zutritt nur ab 18
- kein Alkohol
- geschultes Personal
- Spielerschutz
- geprüfte Qualität
Geplant ist, die bundesweit angelegte Kampagne zum Thema Fair Play über einen Zeitraum von sechs Wochen insgesamt 482 mal in 63 unterschiedlichen Kinos auszustrahlen. Hinzu kommen 670 Ausspielungen im TV sowie eine groß angelegte Vermarktung über Youtube. Außerdem werden Printformate in 20 größtenteils politischen Zeitschriften sowie mehr als 3.500 Plakate gedruckt. Zu den letzteren zählen dabei auch „Riesenposter“, die in Städten wie Hamburg, Berlin, Hannover und Stuttgart zu sehen sind.
Ist die Kritik berechtigt?
Der große Aufwand hinter der Kampagne hat durchaus seine Gründe. Dazu zählen, dass Spielbanken in Deutschland aufgrund zunehmender Popularität von Online Casinos und auch dem neuen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) im Dezember 2017 vermehrt unter Druck stehen.
Aber ist die harsche Kritik der Drogenbeauftragten an der Kampagne tatsächlich gerechtfertigt? Antwort auf diese Frage kann ein Blick in den Drogen- und Suchtbericht 2018 geben, der erst vor knapp 2 Wochen (am 18. Oktober 2018) veröffentlicht und von der Suchtbeauftragten Mortler vorgestellt worden ist.
Der Bericht basiert auf Umfragen, die seit 2007 alle zwei Jahre von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durchgeführt werden. Hiernach weisen in Deutschland aktuell etwa 500.000 Menschen ein problematisches Spielverhalten auf. Als besonders gefährdet gelten dabei bis 25-jährige Männer aus ärmeren Verhältnissen (Haushaltsnettoeinkommen maximal 1.500 EUR) mit niedrigem Bildungsstand. Außerdem kann ein leichter Problemspiel-Anstieg unter männlichen Jugendlichen zwischen 16 und 17 verzeichnet werden.
Insgesamt ist die Glücksspielbeteiligung innerhalb der letzten 10 Jahre jedoch rückläufig. Laut Bericht bevorzugen Befragte mit riskantem Spielverhalten besonders Online-Casinospiele, Bingo und Sportwetten. Am Geldspielautomaten wird natürlich dennoch gezockt, die Rede ist unter anderem vom „kleinen Spiel“ in der Spielbank. Insofern erscheint die Kampagne der DAW hier nur legitim und durchaus wünschenswert.
Neue Richtlinien geplant
Der Drogen- und Suchtbericht verweist darüber hinaus auf eine Reihe neuer Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf das Automatenspiel in Gaststätten, welches im Gegensatz zum Spielhallengesetz, der sogenannten Spielverordnung des Bundes unterliegt. Ab 10. November dürfen demnach nur noch Maschinen nach neuer Bauartzulassung (2014) aufgestellt werden.
Noch unbestätigt sind in diesem Zusammenhang Gerüchte über eingebaute Pausier-Mechanismen und ein Verbot vom simultanen Spielpartien an mehreren Automaten. Außerdem stehen Fragen im Raum, ob die Maximalgewinne von derzeitig 500 auf 400 Euro sowie auch die Maximaleinsätze von momentan 80 auf 60 Euro herabgesetzt werden. Ab 10. November 2019 dürfen pro Gaststätte zudem nur noch zwei, anstelle drei Glücksspielautomaten installiert werden.
Im Kontext der neuen GlüStV-Verordnung sorgt jedoch vor allem die 350-Meter-Abstandsregel derweil in vielen Bundesländern für Missmut unter den Betreibern. Dass diese sich im Gegenzug mobilisieren, um gerichtlich gegen etwaige geplante Schließungen vorzugehen, verwundert kaum. Zu Sammelklagen kam es jüngst zum Beispiel in der Ruhrgebietsstadt Duisburg.
Mortler setzt mit ihrer Kritik also mehr auf Stringenz als auf eine mögliche Zusammenarbeit. Durchaus wünschenswert wäre eher ein Dialog zwischen der Suchtbeauftragen und der Deutschen Automatenwirtschaft, denn mit dem gemeinsamen Kern des Spielerschutzes und dem Wunsch nach klaren Regeln liegt man gar nicht so weit auseinander. Dabei sollte es auch klare Werberichtlinien (Offline sowie Online) geben, wie sie beispielsweise erst vor Kurzem in dem Vereinigten Königreich durch die Britische Glücksspielkommission eingeführt wurden – unter anderem auch zu dem Thema „Online Casino Bonus“.
Weitere Entwicklungen, auch mit Blick auf das Online Glücksspiel, bleiben also vorerst abzuwarten.